Salomon Reich
- geboren am 1.10.1921 in Sobrance/CSR
- Oktober 1942 Zwangsarbeit im Straßenbau in Nagybanya/Rumänien
- Januar 1943 Szegedin: Zwangsarbeit im Straßen- und Bahnbau
- Mai 1943 Zwangsarbeitslager Bor/Jugoslawien: Arbeit als Sprenger in den Kupfergruben
- September 1944 Marsch nach Mauthausen. Ankunft im KZ Mauthausen im Oktober 1944, unterwegs Massenmord an Häftlingen bei Cervanka/Zombor
- Oktober 1944 bis Dezember 1944 KZ Mauthausen
- Dezember 1944 Marsch ins Außenlager Gunskirchen
- Befreiung am 4./5. Mai 1945
- Sobrance, Wien DP Rotschild Spital, Hallstein
- 1951 USA
Quelle: eidesstattliche Erklärung vom 16. April 1964
Vor dem Krieg
Ich, Salomon Reich, geboren am 1. Oktober 1921 in Sobrance/CSR, .... wohnte bei Kriegsausbruch in Sobrance/CSR. Mein Vater, Hermann Reich hatte dort ein Uhrengeschäft und war ein sehr gut situierter Geschaeftsmann. Ich selbst war ein vollkommen gesunder und lebensfroher Mensch.
Quelle: soweit nicht anders angegeben: Akten Konrad Kittl, eidesstattliche Erklärung Salomon Reich vom 16. April 1964
Oktober 1942 bis Mai 1943 Zwangsarbeit in Rumänien und Ungarn
Im Oktober 1942 wurde ich zur Zwangsarbeit von den Deutschen nach Nagybanya in Rumaenien verschleppt. Dort arbeitete ich beim Strassenbau unter strengster Bewachung und bin dort im Januar 1943 nach Szegedin verschleppt worden. Meine Verschleppung bestand darin, dass ich in einen Viehwagen gepfercht wurde und mit sehr vielen Menschen in einen anderen Ort transportiert wurde. In Szegedin habe ich den Judenstern getragen und beim Bahnbau bearbeitet, d.h. Gleise geschleppt usw. und ausserdem noch beim Strassenbau.
Ich bekam sehr viel Schlaege und litt an grossem Hunger. Als Strafe wurde ich einige Male 'ausgebunden' d.h., ich stand auf einem Stuhl z.B., die Haende wurden mit Stoecken an die Wand gebunden und dann zog man den Stuhl unter mir fort, so dass ich in der Luft hing und ich bekam Schlaege, bis ich bewusstlos war. Dann begoss man mich mit kaltem Wasser, bis ich wieder zu mir kam. Nach solch einer Behandlung fing ich an zu kraenkeln. Ich klagte ueber Bauch- und Kopfschmerzen, musste jedoch wieder zur Arbeit gehen, da mir sonst die Todesstrafe drohte.
Mai 1943 bis Oktober 1944 Zwangsarbeit in den Kupferminen
Im Mai 1943 kam ich nach Bor/Jugoslawien und ich musste dort in einer Kupfergrube als Sprenger arbeiten. Einmal bei der Arbeit, da wir unseren Arbeitsplatz wechseln mussten, trugen wir mit zwei Personen den grossen Bohrer und zwar trug einer an einem Ende die Gummigriffe und der andere hatte das Ende des Bohrers. Dem einen fiel nun der Bohrer aus der Hand, der Bohrer prallte auf die Erde, da er jedoch Gummigriffe hatte, sprang er wieder hoch und ich hatte das Ende in der Hand, so riss der Bohrer mir die Wange genau unter dem Auge auf. Ich konnte einige Tage mein Auge nicht oeffnen und musste trotzdem weiterarbeiten. Ich wurde auch dort von den Aufsehern mehrere Male geschlagen und ebenso 'ausgebunden'. Ebenso litt ich an Hunger, morgens bekam ich schwarz gefaerbtes Wasser und etwas Brot und abend die beruehmte Wassersuppe. Taeglich arbeitete ich 12 bis 14 Stunden mit mangelhafter Bekleidung. Im Oktober 1944 verschleppte man mich nach Mauthausen.
Der Marsch nach Mauthausen
Diesmal bestand die Verschleppung in einem Totenmarsch. Auf dem Wege nach Mauthausen nun, kam ich in eine Ortschaft mit Namen Cervenka in der Naehe bei Zombor. Wir waren ungefaehr 3000 Menschen und wir alle wurden zusammen in einer Ziegelfabrik einquartiert. Die ganze Fabrik war jedoch von der SS umzingelt. Dann begann man uns nacheinander zu erschiessen. Man nahm immer kleinere Gruppen von uns und postierte uns neben einem Massengrab um so nach und nach ungefaehr 1000 junge Menschen zu erschiessen. Auch ich war unter den Tausend, aber bevor ich einen Schuss erhielt, fiel ich in das Grab und nachdem die Schiesserei zu Ende war, bin ich wieder aus dem Grabe gekrabbelt und bin wieder zurueck zu einer Gruppe.
Dann ging es weiter im Totenmarsch, wo viele von uns auf den Strassen erschossen wurden. Waehrend des ganzen Marsches haben wir kein Essen bekommen. Falls die SS sah, dass wir etwas zu Essen von der Strasse aufhoben, wurde derjenige dafuer erschossen. Als wir durch Belgrad kamen, warfen uns die Leute aus den Fenstern Brot zu. Aber wenn die SS sah dass einer von uns danach langte nahm man ihm sofort das Brot aus der Hand und die SS zertrat es mit den Stiefeln.
Oktober 1944 bis 4./5. Mai 1945
So kam ich nach Mauthausen und ich blieb dort bis Dezember 1944. Dort stand ich stundenlang auf dem Appellplatz und wurde viel geschlagen. Dann ging ich weiter in einem sog. Totenmarsch nach Ginskirchen (1). Auch dort litt ich an Hunger, wurde ebenso geschlagen und stand auf dem Appellplatz.
Anmerkung (1): Gunskirchen
Nach dem Krieg
Im Jahre 1945 bin ich befreit worden und ich bin wieder in meine Heimatstadt zurueck um nachzusehen, ob noch jemand von meiner Familie am Leben ist. Kurz danach bin ich nach Pressburg, wo ich bis 1948 war. Dort stand ich in aerztlicher Behandlung bis zu meiner Auswanderung nach Oesterreich. In Wien war ich u.a. im DP-Lager Rothschild-Spital und auch dort in Behandlung. Dann fuhr ich nach Hallein und von dort bin ich im Jahre 1951 nach USA ausgewandert und ich bin seither in staendig aerztlicher Behandlung bei Dr. Lew; mein Gesundheitszustand macht diese dringend erforderlich.
New York, den 16. April 1964
Anmerkungen
Weitere Quellen
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Entschädigungsamt
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Anmerkungen
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Bildnachweis
- Nagybanya, Transylvania, 1943-4, A Jewish labor battalion. Credit Yad Vashem Archival Signature 5657/1
- Bor, Yugoslavia, A forced labor camp. Credit: Yad Vashem Archival Signature 1249/51
- Bor, Yugoslavia, A work battalion in a stone quarry. Credit: Yad Vashem Album FA57/25
- Sombor, Yugoslavia, monument to the 680 Jews murdered in Bor. Credit: Yad Vashem Archival Signature 3016/17