Boris Piekny
- 8.12.1910 Bedzin/Polen
- 1940-8/1943 Ghetto Bedzin,
- 8/1943-1/1944 KZ Auschwitz-Birkenau, Quarantäne,
- 1/1944-5/ oder 6/1944 KZ Auschwitz-Birkenau,
- 5 oder 6/1944 - 1/1945 KZ Auschwitz/Bobrek
- 1/1945-2/1945 KZ Buchenwald,
- 2/1945-3/1945 KZ Sachsenhausen/Haselhorst,
- 3/1945-4/1945 KZ Sachsenhausen
- USA
Ghetto Bedzin
Bei Ausbruch des Krieges im Jahre 1939 lebte ich in Bedzin, Polen. 1940 zwangen uns die Deutschen, in das Ghetto Bedzin umzusiedeln., wo ich mit meiner Frau zusammen lebte. Ich musste in einem Bautrupp fuer die deutsche Wehrmacht als Elektriker arbeiten. Meine Frau wurde als Schneiderin in einer Schneiderwerkstatt beschaefftigt. Wir durften das Ghetto nicht verlassen, da meine Arbeit jedoch ausserhalb war, musste ich einen besonderen Ausweis haben, mit dem ich nur zu bestimmten Stunden das Ghetto verlassen und wieder betreten durfte.
Am 22. Juni 1943 wurde meine Frau, mit vielen anderen in einer Selektion fuer das KZ Auschwitz ausgesucht und dorthin transportiert. Die Selektion fand auf einem Platz im Ghetto statt, wohin alle Bewohner des Ghettos zusammengetrieben worden waren. Diese Aktion stand unter der Aufsicht des SS-Obersturmfuehrers Dreier.
Quelle: Boris Piekny, Eidesstattliche Erklärung. 1955, Landesarchiv Niedersachsen, Nds. 110 W Acc. 14/99 Nr. 104005
Ghetto | |
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Ort | Będzin / Bendsburg |
Gebiet | Preußen (Provinz Oberschlesien) (1939-1945) |
Eröffnung | 01.07.1940 |
Liquidierung | 02.08.1943 |
Deportationen | Aus Bedzin wurden im August 1942 5.000 Juden nach Auschwitz deportiert und weitere 2.500 Personen im Juni 1943. Anfang August 1943 wurden in vier Transporten insgesamt 8.000 Juden nach Auschwitz verschleppt. Am 17. Dezember 1943 und am 13. Januar 1944 kamen zwei weitere Transporte mit insgesamt 2.800 Juden aus Bedzin und Sosnowiec in Auschwitz an. |
Quelle: deutschland-ein-denkmal.de |
KZ Auschwitz
Am 31. Juli 1943 wurden die restlichen Ghettobewohner fort transportiert. In fuenftaegiger Eisenbahnfahrt erreichten wir Auschwitz, wo gleich nach der Ankunft wiederum eine Selektion stattfand. Der eine Teil wurde in die Gaskammern geschickt, der andere Teil in ein Quarantaenelager, wo man uns Haeftlingskleidung gab. Man taetowierte mir die Haeftlingsnummer 132937 in den linken Arm ein. Wir sind dort oft misshandelt worde, z. B. Wurden mirvon einem Lagerkapo mehrere Zaehne ausgeschlagen.
Am 13. Januar 1944 wurde ich von dem Quarantaenelager in ein Arbeitslager des KZ Auschwitz ueberfuehrt und musste dort fuer die Firma Siemens als Elektriker arbeiten. Ich lebte im Block 11 und musste zunaechst beim Aufbau einer Fabrik und spaeter, nach deren Fertigstellung, dort als Elektriker arbeiten.
Waehrend des Aufbaus der Fabrik lebte ich im Lager Birkenau,von wo man uns jeden morgen mit Lastwagen zu der etwa 6-8 km entfernt liegenden Fabrik transportierte. Spaeter lebten wir in einem Lager unmittelbar neben der Fabrik.
Quelle: Boris Piekny, Eidesstattliche Erklärung. 1955, Landesarchiv Niedersachsen, Nds. 110 W Acc. 14/99 Nr. 104005
Boris Piekny hat im Frankfurter Auschwitz-Prozess als Zeuge ausgesagt, hier ein Ausschnitt:
Vorsitzender Richter: Ist es vorgekommen, daß in Ihrer Gegenwart von dem Angeklagten Bednarek Leute mißhandelt worden sind?
Dolmetscher Schuh: Did it happen that in your presence people were maltreated by the accused Bednarek?
Zeuge Boris Piękny: Yes.
Dolmetscher Schuh: Ja.
Vorsitzender Richter: Wollen Sie uns diese Fälle einmal schildern.
Dolmetscher Schuh: Would you please relate to us those incidents.
Zeuge Boris Piękny: Well, it's very painful for me to start all over again to revive the whole story.
Dolmetscher Schuh: Es ist sehr schmerzlich für mich, diese ganze Geschichte wieder zu erzählen.
Zeuge Boris Piękny: But since I decided already to be a witness I'll have to go through with it.
Dolmetscher Schuh: Aber da ich mich schon entschlossen habe, ein Zeuge zu sein, so muß ich es auch durchstehen.
Zeuge Boris Piękny: Ich möchte gerne in Deutsch, aber ich weiß nicht, ob ich das können werde. — I prefer English.
Dolmetscher Schuh: Ich ziehe es in Englisch vor.
Zeuge Boris Piękny: Yes. Well, it was on a Sunday.
Dolmetscher Schuh: Also es war an einem Sonntag.
Zeuge Boris Piękny: And Bednarek ordered to bring logs of wood from trees from the back of the camp to bloc 11.
Dolmetscher Schuh: Bednarek sagte, daß wir Holzklötze von Bäumen hinten vom Lager nach Block 11 bringen sollten.
Zeuge Boris Piękny: And he ordered myself and somebody else there, a fellow by the name of Händel, to carry such a log.
Dolmetscher Schuh: Und er befahl mir und einem anderen Mann namens Händel, ein solches Stück zu tragen.
Zeuge Boris Piękny: Then we hardly could get to the bloc, we struggled but we got it to the bloc. I am not built strong. And that other fellow was still of weaker build.
Dolmetscher Schuh: Wir konnten es kaum zu dem Block bringen. Ich war schwach. Aber wir haben uns durchgekämpft. Und ich bin schon schwach, aber der andere Mann war noch schwächer gebaut.
Zeuge Boris Piękny: Then we went for a second one.
Dolmetscher Schuh: Dann gingen wir um einen zweiten.
Zeuge Boris Piękny: When it came to the second one, we didn't do quite well. We couldn't pick it up. It was very hard to pick up.
Dolmetscher Schuh: Und als wir an den zweiten kamen, da haben wir es nicht so gut getan. Wir konnten ihn nicht aufheben. Er war sehr schwer.
Zeuge Boris Piękny: There was Bednarek right beside us. And hestarted beating.
Dolmetscher Schuh: Da war Bednarek direkt neben uns. Und er fing an zu schlagen.
Zeuge Boris Piękny: So we couldn't help ourselves. We had to – with the last strength to pick that up. And we could hardly walk with it. And I kept down saying to my fellow: »Please get a hold of yourself and let's go, because he is right behind us with a stick. And he will probably kill one of us. So let's go, let's do it.«
Dolmetscher Schuh: Und da haben wir doch unsere schwachen Kräfte zusammengenommen und haben den Block hochgehoben. Und ich habe zu meinem Mann gesagt: »Nimm dich zusammen. Geh, er ist direkt hinter uns mit dem Stock. Und wenn wir [+ es] nicht machen, wird er einen von uns totschlagen.«
Zeuge Boris Piękny: We went a few feet, I'd say. And I saw, that the one in front of me, that other fellow, he just couldn't. He dragged, he was going to fall with the log and drag me down too. And I kept on saying to him: »Don't do it, don't do it. Hold on to yourself.« And finally he collapsed, he fell. The log fell down and with me. And in faith from what I know that I was beaten up. And then he beat up also the fellow in front of me
Vorsitzender Richter [unterbricht]: No, no. Stop. Moment.
Zeuge Boris Piękny: And he fell down.
Dolmetscher Schuh: Und ich habe gesehen, wie der Mann vor mir nicht mehr konnte. Und ich habe gesagt: »Mach, mach!« Aber er ist dann zusammengebrochen, und wir sind gefallen. Und dann, was ich weiß, hat er ihn geschlagen und mich geschlagen.
Zeuge Boris Piękny: Then we couldn't pick it up any more.
Dolmetscher Schuh: Wir konnten es nicht mehr aufheben.
Zeuge Boris Piękny: So Bednarek ordered somebody else to pick that log up and us
Dolmetscher Schuh: Also befahl Bednarek irgend jemand anderem, diesen Klotz aufzuheben.
Zeuge Boris Piękny: And me he ordered
Vorsitzender Richter [unterbricht]: Langsam.
Zeuge Boris Piękny: To pick him up and bring him to the block.
Dolmetscher Schuh: Und mir befahl er, ihn aufzuheben und nach dem Block zu bringen.
Zeuge Boris Piękny: Ja. When we came to the block, then it was terrible.
Dolmetscher Schuh: Und als wir zum Block kamen, dann war es schrecklich.
Zeuge Boris Piękny: He said to me I should bend over that stove we had in the block, there was from bricks a stove the whole length of the block.
Dolmetscher Schuh: Er sagte zu mir, ich sollte mich dort über den Ofen bücken. Wir hatten dort einen Ofen über die ganze Länge des Blocks.
Zeuge Boris Piękny: Well, I bent down.
Dolmetscher Schuh: Und ich habe mich gebückt.
Zeuge Boris Piękny: And then I saw only black in front of my eyes.
Dolmetscher Schuh: Und dann sah ich nur noch schwarz vor den Augen.
Zeuge Boris Piękny: I don't know how many times he beat me.
Dolmetscher Schuh: Ich weiß nicht, wie oft er mich geschlagen hat.
Zeuge Boris Piękny: One thing I do know, that for several weeks I couldn't sit.
Dolmetscher Schuh: Aber eines weiß ich, daß ich einige Wochen nicht sitzen konnte.
Zeuge Boris Piękny: And I couldn't, I beg your pardon, have my physical duties. Everything was hurting. I was bleeding.
Dolmetscher Schuh: Und ich konnte nicht, entschuldigen Sie mich, meine körperlichen Bedürfnisse befriedigen. Alles hat geblutet.
Zeuge Boris Piękny: Alles hat geblutet. — That's right.
Vorsitzender Richter: Und der andere?
Zeuge Boris Piękny: Und der andere hat noch viel mehr bekommen. — He told me later that he thinks that his kidneys were chopped up.
Dolmetscher Schuh: Er sagte mir später, daß seine Nieren zerschlagen wären.
Zeuge Boris Piękny: And a few days later he died. He didn't want to go to the Krankenbau because there was a doctor in Krankenbau – I don't really know the name, cause I never saw him and I did never heard his name – who helped the unuseful to the gas chamber. So he didn't want to go.
Dolmetscher Schuh: Und einige Tage später ist er gestorben. Er wollte nicht nach dem Krankenblock gehen. Weil dort war ein Arzt, von dem er wußte, daß er die Leute nach der Gaskammer schicken würde.
Zeuge Boris Piękny: He finally did go to the Krankenbau.
Dolmetscher Schuh: Er ist schließlich zum Krankenbau gegangen.
Zeuge Boris Piękny: But he never came back.
Dolmetscher Schuh: Aber er ist niemals zurückgekommen.
Zeuge Boris Piękny: He died. I don't know where he died. He died on that Krankenbau or he died somewhere else. But he never came back. He died.
Dolmetscher Schuh: Er ist gestorben. Ich weiß nicht, wo er gestorben ist, entweder im Krankenbau oder irgendwo anders. Aber er ist niemals zurückgekommen. Er ist gestorben.
Vorsitzender Richter: Sagten Sie nicht eben, er wollte nicht nach dem Krankenbau gehen, weil er fürchtete, dort ins Gas geschickt zu werden?
Dolmetscher Schuh: Didn't you just say, that he was afraid to go to the
Zeuge Boris Piękny [unterbricht]: Yes, this was the rumours, this was the rumours were
Dolmetscher Schuh [unterbricht]: Let me finish please.
Zeuge Boris Piękny: Yes.
Dolmetscher Schuh: Didn't you just say, that he didn't want to go the dispensary, because he would be send into the gas?
Zeuge Boris Piękny: Because unuseful men were sent to the gas.
Dolmetscher Schuh: Ja, weil unbrauchbare Männer wurden in das Gas geschickt.
Vorsitzender Richter: Und trotzdem ist er hingegangen?
Dolmetscher Schuh: And despite that fact he went there?
Zeuge Boris Piękny: Yes, because he couldn't go to work any more. Then he had to go.
Dolmetscher Schuh: Ja, weil er nicht mehr zur Arbeit gehen konnte, und er mußte gehen.
Vorsitzender Richter: Und dieser Mann hieß Händel?
Zeuge Boris Piękny, 150. Verhandlungstag 22.04.1965, 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess, »Strafsache gegen Mulka u.a.«, 4 Ks 2/63 Landgericht Frankfurt am Main
KZ Auschwitz/Bobrek
Waehren des Aufbaus der Fabrik lebte ich im Lager Birkenau,von wo man uns jeden morgen mit Lastwagen zu der etwa 6-8km entfernt liegenden Fabrik transportierte. Spaeter lebten wir in einem Lager unmittelbar neben der Fabrik.
Quelle: Boris Piekny, Eidesstattliche Erklärung. 1955, Landesarchiv Niedersachsen, Nds. 110 W Acc. 14/99 Nr. 104005
Außenlager des Konzentrationslagers Auschwitz | |
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Ort | Bobrek k. Oświęcimia |
Gebiet | Preußen (Provinz Oberschlesien) 1939-1945 |
Eröffnung | 22.04.1944 (erste Erwähnung) |
Schließung | Am 19.01.1945: "Evakuierung" in das Außenlager Gleiwitz II |
Häftlinge | 213 Häftlinge am 17.01.1945 |
Geschlecht | Männer |
Einsatz der Häftlinge bei | Siemens-Schuckert Werke AG |
Art der Arbeit | Der Häftlinggseinsatz erfolgte ab Dezember 1943. Arbeit in der Fabrik bei der Produktion von Elektroapparaturen für Flugzeuge und U-Boote. |
Quelle: deutschland-ein-denkmal.de |
Buchenwald, Haselhorst, Sachsenhausen
Im Januar 1945 wurden wir mit der Eisenbahn nach Buchenwald transportiert, wo ich nicht arbeitete. Anfang Februar 1945 , wenn ich mich genau erinnere, am 10. Februar 1945 wurde ich nach nach Haselhorst bei Berlin gebracht, wo ich ebenfalls bei Siemens in Berlin-Siemensstadt arbeiten musste bis das Lager im Maerz 1945 durch Bombenangriff zerstoert wurde. Man transportierte uns darauf nach Sachsenhausen, wo ich im Maerz 1945 bis zum 20. April 1945 war. Dann setzte man uns in Marsch, weil sich die Russen naeherten. Ohne Verpflegung, mit sehr wenig Schlaf waren wir wochenlang unterwegs, immer zu Fuss. In der Naehe der Stadt Schwerin in Mecklenburg bin ich in einem Walde am 2.Mai 1945 befreit worden.
Quelle: Boris Piekny, Eidesstattliche Erklärung. 1955, Landesarchiv Niedersachsen, Nds. 110 W Acc. 14/99 Nr. 104005
Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen | |
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Ort | Berlin-Haselhorst (Siemensstadt) |
Gebiet | Preußen (Stadt Berlin) |
Eröffnung | 17.07.1944 |
Schließung | "Evakuierung" am 10.04.1945 nach Sachsenhausen |
Häftlinge | Etwa 1.400 Häftlinge - nach anderen Angaben 1.200 Häftlinge |
Geschlecht | Männer |
Einsatz der Häftlinge bei | Siemens Schuckertwerke AG |
Art der Arbeit | Herstellung von Flugzeugteilen im Schaltwerk, im Kleinbauwerk und vor allem in den Kabelwerken 1-12 der Siemens-Schuckertwerke AG |
Bemerkungen | Die Häftlinge waren in Berlin, Haselhorst-Nord (Gartenfeld) untergebracht. / Sie arbeiteten hauptsächlich in den etwa anderthalb Kilometer entfernten Siemens-Schuckert-Werken. Das Lager wurde von 300 Häftlingen des KZ Sachsenhausen erbaut. |
Quelle: deutschland-ein-denkmal.de |
Anmerkungen
Weitere Quellen
Webseite zur Lager Bobrek (englisch)
- https://www.auschwitz.org/en/history/auschwitz-sub-camps/bobrek/
Entschädigungsamt
Hannover
Anmerkungen
- Boris Piekny hat 1995 dem USC Shoah Foundation Institute ein Zeitzeugeninterview gegeben
- Boris Piekny hat bei den Frankfurter Auschwitz-Prozessen als Zeuge ausgesagt:
Bildnachweis
- Credit Yad Vashem, Submitter Nina Shpringer Aharoni; "Bobrek, Poland, 1944, Prisoners in a Siemens factory.", Item ID: 79129, Archival Signature 5618/3, https://photos.yadvashem.org/photo-details.html?language=en&item_id=79129&ind=2
- "Preussische Landesaufnahme 1901. Berichtigt 1927, einzelne Nachträge 1932." von mapster.