Gitel Grilches
- Geboren am 7.1.1907 in Wilna/Litauen als Gitel Friedberg; verw Nison, gestorben am 7.7.1984
- 1926 heiratet sie den Mechaniker Lejb Nison
- sie bekommt drei Kinder: Meier 1.5..1927), Doba (26.6.1934) Aron (26.6.1939)
- 1941 Zwangsarbeit (A: Bahnhof),
- 1943 KZ Vaivara I,
- Frühjahr 1944 KZ Vaivara/Kivioli II,
- Spätsommer 1944 Stutthof,
- August 1944 KZ Stutthof/Masuriczyk/Danzig,
- 11/1944-10.3.1945 KZ Stutthof/Chinow (Befreiung)
- Ende 1945 heiratet sie den Friseur Towia-Towyv Grilches
- 1946 Aufenthalt im DP Heidenheim,
- 1948 Auswanderung nach Israel
Vor dem Krieg
Im Jahre 1926 habe ich den Mechaniker Lejb Josef NISON in Wilno geheiratet. Er wurde im Juli 1941 umgebracht.
Vor dem Krieg wohnte ich in Wilna mit meinem Mann und Kinder in der Stefanastr.21.-
Quelle: Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü30577, Eidesstattliche Erklärung vom 29.4.1954
Ich wohnte vor dem Kriege in Wilno und von dort aus kenne ich Frau GRILICHES Gitel. Gennante wohnte mit ihren waehrend des Krieges umgekommenen Mann NISON Lebel und 3 Kindern, MEIR, DOBAS u. ARON in Wilno, in einer schön eingerichteten 4-Zimmerwohnung, in welcher immer ein Dienstmädchen beschäfftigt war. Da Fam. Nison in der Nähe von mir wohnte und ich m it ihr befreundet war, weiss ich, dass Herr NISON Lebel in Wilno in der Pilsudskiegostr. eine grosse mechanische Schlosserei besass. In dieser befanden sich einige Maschinen, die von 5 und oftmals mehreren Arbeitern bedient waren. Da er ein guter Fachmann und ausserdem sehr beliebt war, hatte er einen grossen Kundenkreis und verdiente sehr schön.
Die Familie führte ein schönes Haus und Frau Gitel hatte ein schönes und gesichertes Leben.
Allen Kindern gab die Familie Nison die beste Erziehung und Bildung. Die zwei älteren Kinder besuchten bereits die Volksschule , als die Deutschen im Juni 1941 WILNO besetzten.
Queller: Zeugenaussage Sara Horn, geb. Stamler, geboren am 12.12.1927 in Wilno, Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 30577
Überblick über die Verfolgung
Mit dem Einmarsch der Deutschen im Juli 1941, änderte sich grundlegend unser Leben. Schon zwei Wochen vor der Errichtung des Ghetto, wurde mein Mann von den Gestapo verhaftet und abtransportiert. Seither habe ich nichts mehr von ihm gehört. Ich selbst kam mit meinen kleinen Kindern ins Ghetto, wo ich schwere Zwangsarbeit leisten musste. Meine drei Kinder blieben sich selbst überlassen und wir lebten in unmenschlichen Bedingungen. Noch im Jahre 1941 wurde meine Tochter im Ghetto umgebracht und bei der Liquidation des wurde mein Sohn, der im Jahre 1939 geboren und sich bei meiner Schwester befand, umgebracht. Ich wurde zusammen mit meinem älteren Sohn MEIR deportiert und nach WAIWARA gebracht. Mein Sohn wurde hier von mir separiert und ich habe ihn seit damals nie mehr wieder gesehen. Nach dem Kriege erfuhr ich, dass er Ende 1944 im ZAL Klooga war und dort von den Deutschen umgebracht wurde.
Meier NISON, geboren am 26.6.1927 (Ende 1944 in Kloga d. die Deutschen umgebracht).
Doba NISON geboren am, 26.6.1934 (August 1941 im Ghetto Wilno umgebracht)
Aron NISON geboren am 2.6.1939 (August 1943 ebenfalls im Ghetto Wilno umgebracht)
Quelle: Eidestattliche Erklärung Gitel Grilches, 1957, Schaden am Leben, Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 32574
Mit Frau Gitel und ihren 3 Kindern war ich im GHETTO WILNO,wo wir unter unmenschlichen Bedingungen lebten. Während unseres Aufenthaltes im Ghetto hat Frau Gitel ihre 2 Kinder Doba und Aron verloren. Mit ihrem Sohn Meir wurde sie im August 1943 abtransportiert und damit separierten sich unsere Wege.
Erst nach dem Kriege habe ich Frau Gitel in Deutschland in HEIDENHEIM wiedergetroffen. Sie war allein und ich erfuhr damals, dass sie auch ihr letztes Kind während des Krieges verloren hat.
Zeugenaussage Sara Horn, geb. Stamler 12.12.1922 Wilno/Polen. Aussage 1957, Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 30577
Ghetto Wilna
Kurz nach Einmarsch der Deutschen in Wilna im Juli 1941, wurde mein Mann bei einer Aktion durch die Gestapo aus der Wohnung herausgeschleppt und ich habe ihn seit ddamals nicht nmehr gesehen.- Ich selbst musste im Juli 1941, meine Wohnung verlassen und ins Ghetto Wilno ziehen, wo ich in der Osmianskastr. 8 mit vielen anderen Personen in einem Zimmer wohnen musste.- Das Ghetto bestandv aus nur einigen Strassen mit Stacheldraht umzäunt, strengstens von Deutschen und Litauen bewacht. -Ich musste als Judenabzeichen den gelben Davidstern auf Brust und Rücken tragen und unterstand einen von den Deutschen ernannten Judenrate, dessen Obmann Gens hiess. .-Ich arbeitete unter Zwang am Bahnhof bei verschiedenen Transportarbeiten.- Bei Liquidierung des Ghettos im August 1943 verlor ich 2 Kinder, die mir weggenommen wurden und nie wieder zurueckkehrten.
Quelle: Gitel Grilches, Eidesstattliche Erklärung vom 29.4.1954, Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 30577
Vaivara
Ich selbst wurde einwaggoniert und ins ZAL WAIWARA gebracht.- Das Lager war mit Stacheldraht umzäunt, von estn. und deutscher Schupo bewacht. - Ich wohnte in einer Holzbaracke mit anderen 75 Frauen zusammen, bekam Haeftlingskleidung mit der Nummer 1369 und musste im Walde schwerste Zwangsarbeit leisten (Bäume fällen, sägen und transportbereit machen).- Im Frühjahr 1944 wurde ich ins ZAL KIWIJOLE überstellt, wo ich bei denselben Bedingungen wie im vorherigen Lager dieselbe Arbeit im Walde unter Zwang verrichten musste.-
Quelle: Gitel Grilches, Eidesstattliche Erklärung vom 29.4.1954, Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 30577
August 1943-Frühjahr 1944 ZAL WAIWARA: Untergebracht in Holzbaracke mit 75 Frauen, schwere Waldarbeiten unter Zwang. Oft Misshandlungen, da ich der schweren Arbeit nicht gewachsen war. Fruehjahr 1944-Spaetsommer 1944: ZAL KIVIOLI: Ebenfalls Zwangsarbeit im Wald, ungenuegende Ernaehrung, Hier wurde ich eines Tages strafweise am Tisch liegend verpeitscht, dann vom Tisch geschleudert und erhielt eine schwere Kopfverletzung. Ich wurde blutueberstroemt und bewusstlos in die Krankenbaracke eingeliefert, wo ich wenige Tage blieb. Sobald ich nur auf den Fuessen stehen konnte, kehrte ich zur Arbeit zurueck, da Kranken die Vernichtung drohte.
Quelle: Gitel Grilches, Eidesstattliche Erklärung vom 29.4.1954, Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 30577
Konzentrationslager Vaivara | |
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Ort | Vaivara / Waiwara |
Bezeichnung | |
Gebiet | Generalbezirk Estland, Reichskommissariat Ostland (1941-1944) |
Eröffnung | 15.09.1943 |
Schließung | 03.10.1944 (letzte Erwähnung) / 29.02.1944 |
Deportationen | |
Häftlinge | |
Geschlecht | Männer und Frauen |
Quelle: deutschland-ein-denkmal.de |
Außenlager des Konzentrationslagers Vaivara | 2345 |
Ort | Kiviõli / Kiviöli |
Gebiet | Generalbezirk Estland, Reichskommissariat Ostland (1941-1944) |
Eröffnung | September 1943 (erste Erwähnung) / 15.09.1943 |
Schließung | Die Häftlinge wurden im August 1944 über Reval nach Danzig "evakuiert". / 31.08.1944 |
Häftlinge | |
Geschlecht | Männer |
Einsatz der Häftlinge bei | Baltische Ölgesellschaft |
Art der Arbeit | Arbeit im Steinbruch und Straßenbau : |
Quelle: deutschland-ein-denkmal.de |
Nach ungefähr 2 Wochen wurde ihr Sohn abtransportiert. Nachher wurde sie immer schwächer und sie konnte ihre Zwangsarbeit nicht schnell genug verrichten. Sie wurde deswegen öfters geschlagen. Nach kurzer Zeit verlor ich sie aus den augen und traf sie erst im Jahre 1944 im Lager KIWIOLI wieder. Sie fühlte sich sehr schlecht und war zum Skelett abgemagert. Einige Tage nach meiner Ankunft fühlte sich Frau Gitel sehr schwach, sie konnte sich kaum bewegen. Sie wurde an diesem Tage bei der Arbeit einige Male geschlagen. Dann wurde sie von 2 deutschen Aufseherinnen zu einem hohen Tisch geschleppt. Sie musste sich auf den Tisch legen und wurde von 2 Deutschen in bestialischer Weise geprügelt. Sie verblutete fast, als sie 40 Prügel bekam und dann wurde sie vom Tisch hinuntergeworfen. Sie war bewusstlos und wurde ins Krankenrevier gebracht. Nach einigen Tagen musste sie trotz ihres erschöpften Zustands die Zwangsarbeit aufnehmen. Ich war mit ihr auch im KZ STUTTHOF später zusammen und sie klagte immer über starke Kopfschmerzen und Kopfschwindel, sie konnte auch nicht das Gleichgewicht halten und viel oft um.
Ihr Zustand verschlimmerte sich immer mehr und mehr und zuletzt war sie ganz erschöpft.
Quelle: Zeugenaussage Sara Brud, 23.12.1923, undatiert, Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 30577
Stutthof
Von dort wurde ich im Spätsommer1944 per Schiff ins KZ STUTTHOF eingeliefert.- Hier blieb ich nur 3 Wochen im DURCHGANGSLAGER und wurde dann Ende Januar 1945 in geschlossenen Viehwaggon ins ZAL LANGFUHR b/Danzig überführt.- Untergebracht wurde ich in einer Holzbaracke hinter Stacheldraht und von SS Frauen und Männern streng bewcht.- Meine Lagerkommandantin war SS-Frau Margarete.- Ich arbeitete unter Zwang am Bahnhof beim Transport.- Anfang März 1945 wurdae ich aus dem Lager zu Fuss unbestimmten Zieles evakuiert.- Unterwegs wurde ich bei Chinow im März 1945 von den Russen befreit.-
Quelle: Gittl Grilches, Eidesstattliche Erklärung, 29.4.1954, Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 30577
Wir haben uns im Herbst 1944 im KZ STUTTHOF kennengelernt. wohin ich um diese Zeit aus EREDA eingeliefert wurde.- Hier wohnten wir im Durchgangslager hinter Stacheldraht und SS Bewachung und wurden nach etwa 3 Wochen ins ZAL RUSSOSCHIN b/Danzig weitergeleitet. Dies war ein Frauenlager, in welchem ca 300 jüdische Frauen inhaftiert waren.- Dies war mit Stacheldraht umzäunt und die Bewachung bestand aus 7 "Blitzmädels" von denen einige, Wanda, Gertrud, und Martha hiesen.- Wir hatten eine SS Lagerführerin, die wir Margarethe nannten.- Wir mussten alle am Bahnhof schwere Zwangsarbeit leisten und während ich im Arbeitskommando Zirkau arbeitete, musste Frau Grilches im Kommando Langfuhr Zwangsarbeit verrichten.- Zu den Arbeitsstellen wurden wir immer unter "Blitzmädel"-Bewachung mit speziellen Zügen gebracht und trafen uns dann immer nach der Arbeit im Lager Russoschin, wo wir alle schliefen.- Nach etwa 6 Wochen wurde Frau Grilches zum gleichen Arbeitskommando Zirkau überstelltso, dass wir bei der Arbeit zusammen waren.- Wir mussten bei Bahnschwellen "Koffern" genannt schwere Zwangsarbeit gemeinsam leisten.- Unsere tägliche Nahrung bestand nur aus einer Suppe und einem Stück Brot.-
IM Februar 1945 wurden wir aus dem Lager zu Fuss evakuiert.- Wir marschierten unter Blitzmädel- und SS Lagerführerin Bewachung einige Zeit.- In den Nächten schliefen wir in Scheunen auf dem blosen Boden.- Zu essen bekamen wir nichts.- Am 9. März 1945 erreichten wir völlig erschöpft CHINOW, wo wir auch am 10.März 1945 von den sowjetischen Truppen befreit wurden.
Quelle: Zeugenaussage Bella Weiser, 11.2.1955,Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 30577
Anmerkungen
Weitere Quellen
- Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 30577
- Landesarchiv-Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I Bü 30574
Entschädigungsamt
Stuttgart
Anmerkungen
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Bildnachweis
- Karte REICHSGAU DANZIG-WESTPREUSSEN, 1942 (mapster)
- "Übersichtskarte Baltische Länder Interessengrenze", Zusammendruck Maßstab 1:1 000 000, 1941, "Hergestellt im Auftrage Gen St de H Abt f Kart u Verm W", Quelle: mapster