Einführung

Die Antragsteller berichten von den Grausamkeiten der Todesmärsche: Der Ermordung von Häftlingen oft noch kurz vor der Befreiung, dem Hunger, der Kälte, von Bombardierungen. Für eine sehr ausführliche Beschreibung der Vorkommnisse auf einem Todesmarsch siehe auch die Biografie von Lilli S..

Bassia Berkowicz

geboren am  10. 12. 1929 in Smorgon, Aussage von 1966

Biografie: Sommer 1941 bis Sommer 1942 Ghetto Smorgon, Sommer 1942 bis Sommer 1944 Ghetto Kaunas (Kowno), Außenlager  Koschedaren, KZ Kaunas/Außenlager Aleksotas (Flughafen), KZ Kaunas/Außenlager Kazlu-Ruda (Torfstechen), Sommer 1944  KZ Stutthof, KZ Stutthof/Außenlager Truns? (Schanzenbau), 27.4.1945 Evakuierung per Schiff nach Neustadt/Holstein, 3.5. 1945 Ankunft und  Befreiung, Hamburg, Israel.

... doch wurden sie vorher noch auf Boote verladen, trieben 10 Tage auf der Ostsee und unbeschreiblichen Szenen auf dem Schiff gelangten sie nach Neustadt Holstein. Dort landeten sie am 2.5.1945 und dann kamen deutsche Matrosen, die auf sie zu schiessen begannen. Am 3.5. kamen die Engländer und befreiten sie.

Evakuierungsroute

Anmerkungen:

Weitere Häftlinge, die von Stutthof via Schiff abtransportiert wurden: Zwi Zaks, Malka Brenner, Bassia Berkowicz, Ruben Fuchs.

Je nach Quelle wurden zwischen 4 und 6 Boote eingesetzt:

  • Die Schleppkähne "Wolfgang" und "Vaterland" erreichten am 3.5.1945  Neustadt/Holstein. Zu den Ereignissen in Neustadt siehe auch ein Transkript der Verhandlung gegen den Wachmann Bruno D.
  • Der Marinefährpram F862 (siehe Schiffschronik) lief auf dem Weg nach Flensburg am 4.5.1945  bei Waabs/Booknis auf Grund. Die Geschehnisse werden in diesem Artikel und hier ( 5-april-jahrestag-der-see-evakuierung) geschildert.
  • Der Lastkahn "Ruth" erreicht Flensburg (siehe Eintrag "3.5.1945") am 3.5.1945 mit 630 von ursprünglich 1000 Häftlingen.

Zu den Angriffen auf in der Neustädter Bucht liegende Schiffe, u.a. "Cap Arcona" und "Thielbeck" siehe:

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Malka Brener

geboren  1918 in Wirballen, Aussage vom 13.1.1955

Biografie: 1941 Ghetto Kaunas, 1944 ein Monat KZ Stutthof, KZ Stutthof/Außenlager  Elbling, 11/1944 KZ Stutthof, 27.4.1945 via Schiff evakuiert, 3.5.1945 Befreiung bei Waabs

April 1945 verlud man mich auf ein Schiff und führte mich auf dem offenen Meere 8 Tage herum. - Das Schiff wurde aus der Luft angegriffen, ich bekam 3 Splitter in die Lunge und bin seither krank. Das Schiff geriet in Brand und wir wurden in letzten Augenblick von „Graf Moltke Kürsten“ in Schleswig-Holstein bei Wabsdorf an Land gebracht, wo ich dann von den Engländern befreit wurde.

Anm.: Zu den Ereignissen bei der Landung siehe diesen Bericht sowie diesen (abgerufen 8.10.2021). Beim erwähnten Grafen handelt es sich um  den Grafen Moltke-Kirsten.

Evakuierungsroute
Überlebende, Graf Moltke-Kirsten, Prahm
Kiel, Germany, Survivors near the landing craft which carried them from Stutthof. In the center, with a hat: Graf Moltke, who saved the landing craft passengers after it was bombed by British airplanes. Quelle: Yad Vashem; Archival Siganture 4577/448

Abraham Rimler

geboren am 5.9.1914 in Krakau, Aussage von 1965.

Biografie: 6/1941 bis 5/1942 Ghetto Krakau, 5/1942 bis Ende 1943 Zwangsarbeitslager Krakau-Plaszow, ca. 7 Monate Zwangsarbeitslager Skarzysko-Kamienna, Mitte 1944 Zwangsarbeitslager Tschenstochau-Rakow, Anfang 1945 KZ Buchenwald, 4/1945 Ghetto Theresienstadt, 9.5.1945 Befreiung, Krakau, Displaced Persons Camps Hessisch-Lichtenau, Kassel, Landsberg/Lech.

Von Buchenwald schleppte man uns dann, als sich die Russen dem Gebiet schon naeherten, in andere KZ’s, d.h. wir kamen auf den sogenannten Todesmarsch. Zuaechst wurden wir mit Gueterzuegen transportiert. An der Station Reitzenheim wurde der Bahnhof bombardiert und unser Zug getroffen. Alle Haeftlinge, und auch die SS, die uns bewachte, rissen aus. Wir rannten in die umliegenden Waelder, aber bald ordneten sich die Verhaeltnisse und von allen Seiten kam die SS. Der, der weglief und sich verstecken wollte, wurde erbarmungslos erschossen. Ich erhielt dasmal auch einen Streifschuss, die kleine Zehe meines rechten Fusses wurde verletzt. Aus Angst, dass man mich gleich erschiessen wuerde, bin ich mit angeschossenen Fuss zurueck zum Zug und sagte der SS, ich moechte zu meinem Kommando zurueck. Ich hatte Glueck, dass man meine Verletzung nicht sah. Unter grossen Schmerzen schleppte ich mich weiter und kam im KZ Theresienstadt an.

Lea Manne

geboren am 11.8.1924 in Tarnow, Aussage von 1967

Biografie: Schneiderin, 4/1940 bis 8/1943 Ghetto Tarnow, 8/1943 bis 12/1943 Zwangsarbeitslager Krakau- Plaszow, 12/1943 bis 8/1944 Zwangsarbeitslager  Skarzysko-Kamienna, 8/1944 bis 4/1945 KZ Buchenwald/Außenlager Leipzig 4/1945 bis 4/1945 KZ Zeithelm/Elbe?, Tarnow, 1946 bis Herbst 1947 Displaced Persons Camp Wegscheid/Linz, Paris, 1956 USA

Mitte April 1945 wurde Kl. mit einer Gruppe von etwa 20 anderen Maedchen in Marsch gesetzt. Sie lagen am Tage in Feldern und mussten nachts marschieren. Mehrere konnten nicht weiter und wurden erschossen. sie kamen schliesslich am Abend in einen kleinen Ort, dessen Namen Kl. nicht mehr weiss. Die Wachmannschaft verliess sie, aber ein bewaffneter deutscher Zivilist verhaftete die jüdische Gruppe und brachte sie zur Gestapo in ein nahe gelegenes Haeftlingslager. Dort wurden sie in einem Raum zusammen eingesperrt, und es wurde ihnen gesagt, dass sie am morgen erschossen wuerden. Am Morgen stellte sich heraus, dass das Lager kurz vorher von den Russen befreit worden war.

Kl., die die eine ganze Nacht lang den sicheren Tod erwartet hatte, hat zuerst nicht an die Befreiung glauben koennen. Sie behauptete, sie sei tot und hat die naechstenj drei Tage keine Nahrung zu sich genommen; sie konnte auch nicht gehen. Ihr Zustand hat sich etwas gebessert, als ihr loeffelweise etwas Wasser und Suppe zugefuehrt wurde. Viele Maedchen ihrer Gruppe, die normales Essen zu sich nahmen, sind gestorben.

Sara Silbowicz

geboren am 10.2.1927 in Sossnowitz als Sara Zweigenbaum, Aussage 1962?

Biografie: 1934 bis 1939 Schule für Schwerhörige in Krakau, Ghetto Sossnowitz, Herbst 1941 Zwangsarbeitslager  Neusalz, KZ Flossenbürg, KZ Bergen-Belsen, Befreiung, Displaced Persons Camp Bergen-Belsen, Israel

In den Zustand der heutigen fast voelligen Taubheit bin ich erst im Jahre 1945 gekommen als ich den Fussmarsch nach Bergen-Belsen mitmachen musste und wir bombardiert wurden. Der Luftdruck der fallenden Bomben hat mein Gehoer voellig zerstoert. Wir durften uns nicht verstecken und so war ich der Bombardierung voellig frei ausgesetzt. Viele meiner Kameradinnen sind bei diesem Bombardement umgekommen.