Die Akten entstanden während der Entschädigungsverfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) - hauptsächlich Verfahren zur Entschädigung von "Schaden an Körper oder Gesundheit" - die Konrad Kittl durchführte.  Die Antragsteller hatten im Allgemeinen bereits in den 1950er Jahren Entschädigungsverfahren etwa wegen "Schaden an Freiheit" erfolgreich abgeschlossen, in denen der Haftverlauf und die Haftzeiten dokumentiert wurden. Diese Akten wurden von Konrad Kittl beigezogen, ihr Inhalt in Aktenvermerken festgehalten.

"Es sind Beispiele für die „hunderttausend- und millionenfach vorhandenen Einzelfallakten der Menschen, die im Verwaltungsverfahren ihr Verfolgungsschicksal wie auch ihre Familiengeschichte mit Angabe von Daten, Orten, Namen, Täterinnen und Tätern, weiteren Opfern und mehr geschildert haben.“ (BMF Monatsbericht, Januar 2021)

Die Akten enthalten unter Umständen die folgenden Dokumente:

Ausgewählte Beispiele für diese Dokumente werden auch bei den Aussagen der Antragsteller zum download angeboten.

Das Bundesfinanzministerium hebt hervor: "Die Besonderheit dieser Akten besteht zudem darin, dass sie im Rahmen äußerst bürokratischer und damit sachlich-kritischer Verwaltungs- und Prüfverfahren jeweils einer staatlichen Begutachtung und einer detaillierten, nachverfolgbaren und begründeten Entscheidungsfindung unterworfen waren und noch sind. In zahlreichen Antragsverfahren wurden eidesstattliche Versicherungen eingeholt, gegengeprüft, es wurden Gutachten angefordert und Angaben verifiziert oder falsifiziert."

Die große Zahl an detaillierten Nachfragen, die sich in Kittls Akten befinden, illustrieren diese Aussagen.

Kittls Akten stellen Auszüge aus den bei den Entschädigungsämtern liegenden vollständigen Verfahrensakten dar. Oft hatten  die Klienten von Konrad Kittl  vor der Entschädigung für "Schaden an Körper und Gesundheit" bereits Entschädigung beantragt/bekommen für

  • Schaden am Leben - Entschädigung für die Ermordung nächster Angehöriger
  • Schaden an Körper und Gesundheit
  • Schaden an Freiheit
  • Schaden an Eigentum
  • Schaden an Vermögen
  • Schaden durch Zahlung von Sonderabgaben, Geldstrafen, Bußen und Kosten
  • Schaden im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen

Da alle Entschädigungsanträge eines Antragstellers von gleichen Amt bearbeitet wurden, finden sich dort auch die Unterlagen etwa zur Entschädigung des "Schadens an Freiheit" und "Schaden am Leben". Hier kann man weitere Informationen zur Biografie finden, siehe auch die Biografien von Sam Binke, Pinia Berkowicz, Lola Salzman, Samuel Tandlich, Gitel Grilches, Boris Piekny.

Mit diesen Entschädigungsakten beschäftigte sich eine nach einem Beschluss von 1998 eingesetzte Arbeitsgruppe der Archivreferentenkonferenz (Archiv-Referenten-Konferenz: jetzt bezeichnet als „Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder (KLA)“). Im Abschlussbericht kommt die Arbeitsgruppe zum Schluss, dass

"ihnen als Ersatzüberlieferung für die weitgehend verloren gegangenen unmittelbaren Quellen zu Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes und als Dokumentation der bundesdeutschen Entschädigungspraxis ein hervorragender Wert zukommt." (Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe “Wiedergutmachung” der Archiv-Referenten-Konferenz 2009, S. 13)

Bei der Einschätzung der Schutzwürdigkeit der Daten der medizinischen und psychologischen Gutachten kam das Gremium zum Schluß, daß diese

"keine besondere Schutzwürdigkeit geniesen."   (Abschlussbericht der ARK-Bund-Länder-Arbeitsgruppe “Wiedergutmachung” Düsseldorf 2009, S. 35).

Deshalb wird hier auch aus diesen Gutachten zitiert.

Mittlerweile gibt es das Projekt "Transformation der Wiedergutmachung", initiiert vom Bundesfinanzministerium. Ziel ist der Aufbau eines "Themenportals Wiedergutmachung". Dieses „Themenportal Wiedergutmachung“, gehostet beim "Archivportal Deutschland" stellt "künftig millionenfache individuelle Schilderungen der Verfolgung bereit. Diese können als Beweise im Kampf gegen Holocaust-Leugnung, Antisemitismus und Fremdenhass dienen."

Zur Bedeutung siehe BMF: "Das Dokumentenerbe der Wiedergutmachungsakten stellt auch für Forschung und Wissenschaft eine äußerst wertvolle und ergiebige Quellensammlung dar. Die Akten der Wiedergutmachung sind zudem für Bildungsprojekte von Interesse und können die Bekämpfung von  Holocaust-Leugnung und -verfälschung unterstützen."

Die Publikation von Konrad Kittls Akten sollen dem gleichen Ziel dienen.

Im übrigen: Sofern bei den zitierten Dokumenten keine Quellenangaben angegeben wurden, handelt es sich um Dokumente aus dem Bestand "Konrad Kittl" des Archivs der Münchner Arbeiterbewegung.

Änderungen

Zuletzt geändert am 6.7.2023: "Anregungen, wünsche, Fehlermeldungen werden übrigens gerne entgegengenommen!"